Tourismusbranche in der Krise, vor allem Frauen stehen vor dem „existenziellen Aus“, durch Jobverlust oder Insolvenz
Durch die Corona-Krise wird der gesamten Tourismusbranche die Geschäftsgrundlage entzogen. In den kommenden Wochen droht der komplette Zusammenbruch vieler Unternehmen und ganzer touristischer Wertschöpfungsketten.
Vielen ist nicht bewusst, dass weltweit in der Reisebranche mehr als „doppelt so viele Frauen wie Männer “ arbeiten. Tourismus vernetzt nicht nur, wir sind voneinander abhängig. Bricht in Deutschland die Reisebranche zusammen, wird besonders in den wirtschaftlich schwächeren Ländern der Tourismus als „transformative Kraft“ ausbleiben, wodurch insbesondere Frauen in prekäre Lebenslagen gebracht werden. Es handelt sich nicht um ein Luxusproblem, sondern um die Existenzgrundlage vieler Frauen.
Mit unsensiblen Aussagen und zugleich fehlenden handfesten Alternativen wird deutlich, wie sehr den Verantwortlichen in der Politiker immer noch ein klares Bewusstsein für die dramatischen Folgen der Corona-Pandemie auf die Reisebranche fehlt. Die Reisebranche umfasst weit mehr als Hotels und Gaststätten.
Dazu gehören auch Busunternehmen, Reisebüros, Reiseveranstalter*innen, Reiseleiter*innen, Fahrgastleiter*innen, Incoming – Agenturen und viele mehr.
Es ist richtig, dass niemand verlässliche Vorhersagen über den weiteren Verlauf der Infektionen machen kann. In dieser Situation sind jedoch keine spekulativen Warnungen erforderlich, sondern handfeste politische Lösungen und vor allem ein Aufruf zur Solidarität mit tausenden von notleidenden mittelständischen Betrieben und deren Mitarbeiter*innen. Gerade in Reisebüros ist der Anteil der weiblichen Beschäftigten und Inhaberinnen bei über 80%. Die Touristik ist eine von Frauen dominierte Branche an der Front im Reisebüro.
Viele Bereiche und Unternehmen der Reisebranche, speziell auch die stationären Reisebüros sind seit Wochen in einer unabsehbaren und unverschuldeten Zwangslage: Deutschlandweit mussten alle Reisebüros behördlich angeordnet schließen. Aufgrund der zahlreichen Reisewarnungen und Einschränkungen, sind wir im Gegensatz zu anderen Branchen bereits seit rund zwei Monaten von den verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Wir können nicht, im Gegensatz zum Einzelhandel oder der Gastronomie, nach acht Wochen wieder öffnen und Umsätze generieren.
Darüber hinaus sind wir gezwungen, die verunsicherten Verbraucher völlig kostenlos zu unterstützen, damit sie ihre Rückzahlungen für Reisen erhalten, die aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten.
Reisebüros arbeiten auf Provisionsbasis. Der Provisionsanspruch entsteht nur, wenn die Reise stattfindet. Seit März haben wir keine Einnahmen und keinen neuen Umsatz und auch die ersten Reiseabsagen für Juli stehen schon an. Wir haben 0 Umsatz und deshalb auch 0 Verdienst.
Wir sind über die ersten Hilfen des Bundes in Form von rückzahlungsfreien Zuschüssen dankbar. Diese bereits beschlossenen staatlichen Hilfen für drei Monate reichen in der Touristik aber bei weitem nicht aus, um die Krise zu überstehen, da wir auf viele weitere Monate hinaus keine Umsätze generieren können (Ländergrenzen sind zu, Hotels in Deutschland ebenfalls).
In den vergangenen Wochen haben wir die Politik durch Demonstrationen und offenen Briefen aufgefordert, sich mit der dramatischen Situation der Reisewirtschaft auseinanderzusetzen, die besondere Situation der Tourismuswirtschaft anzuerkennen und sich auch für Frauen einzusetzen, die den Mut hatten und haben, in die Reisebranche einzusteigen, sich selbstständig zu machen und ausbilden. Auch „starke Frauen“, wie Unternehmerinnen in der Politik immer gerne bezeichnet werden, brauchen Solidarität.
Es geht um ca. 1.500 Reisebürounternehmen in Brandenburg mit 3.500 Mitarbeitenden (ein kleiner Großbetrieb sozusagen) mit ca. 1.5 Milliarden Euro Umsatz nur im Land Brandenburg. Sie sind es wert, gerettet zu werden.
Wir fordern eine branchenspezifische Lösung in Form:
- eines Rettungsschirms des Landes Brandenburg mit rückzahlungsfreien Zuschüssen
- bedingungsloses Unternehmereinkommen in Höhe von 1000 Euro für 12 Monate, wenn Corona bedingt substantielle Umsatzeinbrüche von mindestens 50% nachweisbar sind
- gemeinsame Veranlagung des Steuerjahres 2019 und 2020
Aus unserer Sicht MUSS die Corona-Krise zu einer Solidargemeinschaft führen, denn nur durch eine faire Aufteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Epidemie können die mit der Corona-Krise verbundenen Folgen gestemmt und eine mittelfristige Fortsetzung der mittelständigen und Kleinbetriebe erreicht werden..
Gerade auch jungen Frauen und Mädchen haben wir eine Perspektive gegeben und viel für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie getan.
JETZT BRAUCHEN WIR HILFE! STOPPT DAS REISEBÜRO-STERBEN!
Text: Bettina Reinfeld, im Auftrag der Reisebüros aus Potsdam und dem Land Brandenburg