Superheldin á la Clara Zetkin, wie lange noch?

Ich bin Hofschneider,-koch, Wäscherin etc., kurz: Mädchen für alles. Dazu kommen noch die zwei Pipitschlinge, die mir keine Ruhe lassen. Wollte ich mich in den Charakter Louise Michels vertiefen, so musste ich No I die Nase putzen, hatte ich mich zum Schreiben hingesetzt, so hieß es No II abfüttern. Dazu noch die Misere eines Bohemelebens.

 

Willkommen im Leben, ca. 130 Jahre nach Clara Zetkin, diese Gedanken schrieb sie im März 1886 in einem Brief an Karl Kautsky. Das wirft doch die Frage auf, haben wir so gar nichts erreicht, wir Superheldinnen 2021?

Doch haben wir, vom Frauenwahlrecht über gleiche Bildungschancen. Wir können einen Beruf ergreifen, wir dürfen in Parteien und Vereinen agieren, wir dürfen Auto fahren, wir dürfen und können so Vieles und müssten noch viel mehr … Im Grundgesetz der BRD ist die Gleichberechtigung von Frau und Mann festgeschrieben, es gibt ein Brandenburger Landesgleichstellungsgesetz und doch: die heutigen Themen sind eben immer auch noch die alten Themen, vielleicht moderner formuliert, in Nuancen anders. Und ja, es sind auch neue Themen da: Fluch und Segen der Digitalisierung und moderner Medien.

Moderatorin und Superheldin Jenny Pöller mit dem Bürgermeister Oranienburg Alexander Laesicke, Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke, Staatssekretärin Anna Heyer-Stuffer und Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brandenburg, Anne Seyfferth (v.l.n.r.)

Ich stehe noch unter der soeben erlebten Eröffnungsveranstaltung der BFW in Oranienburg, meiner ehemaligen Wirkungsstätte als kommunale Gleichstellungsbeauftragte. Zum zweiten Mal war Oranienburg Austragungsort. Auch vor dem Laptop ein aufgeregtes, spannendes und emotionales Erlebnis. Es war so inspirierend, ansprechend, technisch absolut gelungen. Klug und ausgewogen die Diskussionsrunden, souverän moderiert von Jenny Pöller, Hut ab vor dieser Leistung. Hochemotional der Soloeinstieg von ihr in die Veranstaltung. Mal ganz andere Gastrednerinnen, echte Macherinnen mit Esprit und Witz, humorvoll, nicht perfekt, aber inspirierend. Ich empfand die Gäste/ Gesprächspartner*innen authentisch, ehrlich und mutmachend. Es ist wichtig als Frau sagen zu dürfen: es ist mir zu viel, ich kann nicht mehr. Das habe ich als Ermutigung erfahren. Superheldinnen sind nicht immer stark.

Was mir in solchen Foren und Diskussionsrunden immer wieder auffällt, wir denken und reden oft in Stereotypen, es gibt nicht die Frauen und die Männer. Es ist die Diversität, die es spannend macht. Wir tun jenen Männern unrecht, die bereits ein gleichberechtigtes Berufs,-Haushalts und Familienmodell leben. Gleichberechtigt nicht im Sinne, sie helfen mit, sondern sie denken diese Aufgaben partnerschaftlich und setzen es mit ihrer Partnerin, ihrem Partner um.

Wenn Kinder und Jugendliche das in der Familie erleben, in den Medien dieses Rollenverständnis vermittelt wird, Gesellschaft es ermöglicht (verlängerte Väterzeit, Teilzeit u.a.), dann wird es wachsen. Da müssen dann eben auch mal Gesetze anders gedacht und beschlossen werden. Paritätisch eben!  So wie Frau Prof. Liedtke sinngemäß formulierte, wir sind zwar zunächst mit dem Parité-Gesetz gescheitert, aber es hindert uns niemand daran, paritätisch zu denken und zu handeln.

Ein grandioser Start in die 31. Brandenburger Frauenwoche, die neun Monate dauern wird. Neun Monate – in dieser Zeit bereiten sich kleine Wesen darauf vor, auf die Welt zu kommen. Ich bin gespannt, was die Brandenburger*innen so alles auf die Welt bringen; gesund und kräftig, lebensfroh und neugierig möge es werden.

Last, but not least: Danke, Danke an alle, die diese Veranstaltung erdacht, geplant, organisiert und am heutigen Tage durchgeführt haben. Danke Ihr Superheldinnen für Euer Engagement, Euer Tun, Euer Fluchen, Bangen und Aufgeregtsein: Es hat sich gelohnt!!

Text: Heidrun Szczepanski

Bild: Simone Ahrend, sah-photo.de