Zusammen könn‘ wa dit am besten! – Rückschau auf die landesweite Auftaktveranstaltung der 34. Brandenburgischen Frauenwochen

Posted by on Mrz 14, 2024 in Allgemein

Vor einer Woche, am 07. März 2024, wurden in der Prignitz die 34. Brandenburgischen Frauenwochen mit der landesweiten Auftaktveranstaltung offiziell eröffnet. Mit mindestens 200 Aktionen und Veranstaltungen im ganzen Land Brandenburg ist wieder eine derart rege Beteiligung an den Frauenwochen erreicht, wie vor der Pandemie – das allein ist schon ein Erfolg und zeigt auch, dass frauen-, mädchen- und gleichstellungspolitische Belange weiterhin diese Bühne wollen und brauchen!

 

 

Im Rahmen der 34. Frauenwochen, welche in diesem Jahr unter dem Motto „Dit könn‘ wa besser!“ laufen, finden im Frauenmonat März landesweit vielfältige Veranstaltungen, wie Diskussionen, Ausstellungen, Workshops, Theateraufführungen, Sportveranstaltungen und Lesungen statt. Zur landesweiten Auftaktveranstaltung im Kultur- und Festspielhaus Wittenberge hatten der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V., die Friedrich-Ebert-Stiftung (Landesbüro Brandenburg), der Landkreis Prignitz und die Stadt Wittenberge gemeinsam eingeladen.

 

Moderatorin Linda Brack

Moderatorin Linda Brack

 

Die Auftaktveranstaltung im Kultur- und Festspielhaus Wittenberge hatte einen großen Zulauf: rund 100 Teilnehmende vor Ort und etwa 70 Menschen online verfolgten die Veranstaltung. Moderiert wurde diese von Linda Brack, Gründerin von #Frauenmacht, sowie Diversity & Leadership Beraterin. Sie eröffnete die Veranstaltung und übergab an die Sprecherinnen des Frauenpolitischen Rates Land Brandenburg Linda Weiß und Tatjana Geschwendt, welche feierlich und dennoch ernst das Motto der 34. BFW veranschaulichten.

 

FPR-Sprecherin Linda Weiß

FPR-Sprecherin Linda Weiß

 

Tatjana Geschwendt verschaffte hierfür einen Blick auf die Metaebene:

Zusammen können wir das besser. Wir sollten uns mehr miteinander solidarisieren. Wir haben alle etwas, was uns miteinander verbindet. Wir alle möchten Frieden und wir wollen ein gutes Leben hier in Brandenburg. Wir möchten, dass unsere Kinder in einer intakten Umwelt aufwachsen und eine gute Bildung erhalten. Wir brauchen saubere Seen, saubere Flüsse und gesunde Wälder – die Voraussetzung für Gesundheit – Schutz vor Gewalt, Mobilität und digitale Anbindung für alle. Um dies zu erreichen, brauchen wir viel mehr Solidarität.

 

FPR-Sprecherin Tatjana Geschwendt

FPR-Sprecherin Tatjana Geschwendt

 

Was alle einte: Die Sorge vor der Rolle rückwärts durch den drohenden Verlust lang erkämpfter gleichstellungspolitischer Errungenschaften.

Es folgten prominente Grußworte: Ministerpräsident Dietmar Woidke war mit einer appellierenden Video-Grußbotschaft vertreten, Frauen- und Gleichstellungsministerin Ursula Nonnemacher sprach auf der Auftaktveranstaltung ein Grußwort sowie der gastgebende Bürgermeister der Stadt Wittenberge, Dr. Oliver Hermann und zuletzt unser Ko-Veranstalter Urban Überschär, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Brandenburg.

 

Videogrußwort von Ministerpräsident Dietmar Woidke

Videogrußwort von Ministerpräsident Dietmar Woidke

 

Ministerpräsident Dietmar Woidke betonte in seiner Videoansprache:

Die Brandenburgischen Frauenwochen sind deutschlandweit ein einzigartiges politisches Format, das engagierte Frauen mit Leben füllen. Jedes Jahr geben sie Anlass, die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen verstärkt in den Blick zu nehmen. Sie sind politisch, informativ, sie sensibilisieren; und sie sind absolut notwendig. – Brandenburg hat in vielen Bereichen der Gleichberechtigung sichtbare Fortschritte gemacht. Doch ganz nach dem diesjährigen Motto der Frauenwochen, unterstütze ich die Aussage: ‚Dit könn` wa besser!‘. Da ist noch Luft nach oben. Mehr noch: Wir müssen sogar aufpassen, dass sich die Rollenbilder nicht wieder zum Nachteil der Frauen zurückentwickeln. Dem müssen wir entschieden entgegentreten. Insofern richten sich die Frauenwochen sowohl an die Politik, als auch an die Gesellschaft. Deshalb rufe ich jede und jeden Einzelnen auf: Erheben Sie sich gegen Diskriminierung, Intoleranz und Unterdrückung. Treten wir gemeinsam ein für Selbstbestimmung, Teilhabe und Demokratie.

 

Frauen- und Gleichstellungsministerin Ursula Nonnemacher

Frauen- und Gleichstellungsministerin Ursula Nonnemacher

 

Frauen- und Gleichstellungsministerin Ursula Nonnemacher sagte in Wittenberge:

In Brandenburg ,könn‘ wa schon einiges besser‘, um im Motto der Frauenwochen zu bleiben: Wir haben eine hohe Frauenerwerbsquote, eine vergleichsweise niedrige Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern, ein nahezu paritätisch besetztes Kabinett und einen hohen Frauenanteil bei den Professuren. Und dennoch können, ja müssen wir als Gesellschaft – und damit meine ich Parteien ebenso wie Verwaltungen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen – noch um einiges besser werden. Ich möchte ein Brandenburg, in dem starke, selbstbewusste Mädchen heranwachsen. Ich möchte ein Brandenburg, in dem Kommunalpolitikerinnen sich nicht aus Angst vor Hass im Netz aus ihrem Engagement zurückziehen. Ich bin für ein Brandenburg, in dem wir die gleichstellungspolitischen Errungenschaften ausbauen, gleichstellungspolitische Strukturen stärken und Frauen wirksam vor Gewalt schützen. Die Frauenwochen schärfen Jahr für Jahr unsere Sinne – um auf Erreichtes zu blicken, aber auch, um Lösungen für noch vorhandene Missstände zu diskutieren. Mein ganz herzlicher Dank gilt daher dem Frauenpolitischen Rat, der jedes Jahr alle wichtigen gleichstellungspolitischen Akteur*innen an einem Ort zusammenbringt und damit die Basis für künftige gleichstellungspolitische Erfolge schafft.

 

Bürgermeister der Stadt Wittenberge Dr. Oliver Hermann

Bürgermeister der Stadt Wittenberge Dr. Oliver Hermann

 

Leiter des Landesbüro Brandenburg der Friedrich-Ebert-Stiftung Urban Überschär

Leiter des Landesbüro Brandenburg der Friedrich-Ebert-Stiftung Urban Überschär

 

Thematische Differenzen überwinden – oder sie zumindest in den Hintergrund stellen können, um wieder geschlossen gegen Diskriminierung und für die Gleichstellung zu kämpfen – ein möglicher Schlüssel zum Erfolg?

Die Impulsrede hielt dieses Jahr Stefanie Lohaus, die Gründerin des Missy Magazines und Mitglied der Geschäftsführung der EAF Berlin. Bekanntheit erlangte sie insbesondere mit ihrem Buch „Papa kann auch stillen“ und ihrer jüngsten Veröffentlichung „Stärker als Wut“. In ihrer empowernden Rede zeigte sie Wege auf, wie Frauen trotz inhaltlicher Differenzen gemeinsame Interessen vorantreiben können.

Wohlwissend, dass alle verschiedenen Feminismen mit ihren inhaltlichen Abgrenzungen und klaren Positionierungen ihre Berechtigung haben und ihren Raum brauchen, ist dies wohl der schwerste Schritt, den wir in der Gesellschaft zu gehen haben: Welche Themen lassen sich wie weit ausblenden, um sich auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu fokussieren? Ein individueller Balanceakt, der sich lohnt, durchgespielt zu werden!

 

Impulsrednerin Stefanie Lohaus

Impulsrednerin Stefanie Lohaus

 

Stefanie Lohaus formulierte klar ihre Vision für die Zukunft:

Ich habe den Traum, dass Feminist*in zu sein, in naher Zukunft so selbstverständlich geworden ist, wie es ist, Demokrat*in zu sein. Eine Zukunft, in der Menschenwürde und Chancengleichheit keine leeren Worthülsen sind. In der Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierung die Priorität eingeräumt wird, die sie haben sollte. Und daran haben wir, die Feminist*innen verschiedener Generationen gemeinsam gearbeitet. Denn hinter jeder großartigen Frau steht …. eine andere großartige Frau.

 

Im Fokus der Auftaktveranstaltung: vielfältige Perspektiven aus dem Land Brandenburg und speziell aus der Prignitz ermutigen durch neue Impulse und Best Practice Beispiele

Die Auftaktveranstaltung durchzog im Programm ein weiterer roter Faden: drei Videoclips-Sequenzen zum Thema „Gleichstellung in Brandenburg? Dit könn‘ wa besser!“ boten vielfältige Perspektiven aus brandenburgischen Verbänden und Organisationen, die sich zu Themen wie Gewaltschutz, queere Lebensweisen, Bildungsarbeit und Sexarbeit äußerten. Hier wurde darüber gesprochen, „wat wir im Land Brandenburg besser können“, „wat wir dazu brauchen“ und „wat wir gemeinsam dafür tun können“. Ein bunter Strauß an Best Practice Beispielen, aber eben auch konkreten Bedarfen, Wünschen und Utopien wurde den Zuschauer:innen mitgegeben.

 

 

Einen Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Diskussionsrunde mit aktiven Frauen aus der Prignitz, die gemeinsam mit Frauenministerin Ursula Nonnemacher und der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Prignitz, Christina Rätke, über konkrete Bedarfe und Chancen vor Ort, aber auch im gesamten Land Brandenburg, sprachen. Auf der Bühne saßen die Prignitzerinnen Katja Martin, freischaffende Künstlerin und Kunsttherapeutin stellvertretend für die Komplizin*Prignitz, Jessika Muhs, Koordinatorin beim Kreisjugendring Prignitz e.V., Iryna Koch, Geschäftsführerin der Tastomat GmbH, Marie Glißmann, SPD-Kandidatin aus Brandenburg für die Europawahl sowie Amanda Francke, Lotsin beim Gründungsservice Prignitz des Technologie- und Gewerbezentrums (TGZ) Prignitz GmbH.

 

 

Wie sind sie in die Prignitz gekommen? Was hält sie hier? Welche Chancen und Herausforderungen bietet ihnen der ländliche Raum und was brauchen die Frauen in der Prignitz, um sich vor Ort besser engagieren und ihren eigenen Weg gehen zu können? Im Publikum waren zahlreiche Initiativen aus der Prignitz vertreten, die sich in die Diskussion einbrachten. Etwas, das alle einte, ist der Wunsch, voneinander zu wissen, sich vor Ort optimal austauschen und vernetzen zu können – Voraussetzung also, um stark im Haupt- oder Ehrenamt zu sein, vor allem in der Fläche!

 

 

 

Weiterhin ist es unüberhörbar, dass so gut wie alle sozialen Verbände und Organisationen im Land Brandenburg, die sich im weitesten Sinne für Gleichstellung, Teilhabe und Vielfalt einsetzen, eine stete finanzielle und somit auch personelle Absicherung einfordern, um ihrer Arbeit gerecht werden zu können. Unsere Demokratie wird durch diese wertvolle Arbeit gestützt und geschützt – dies dürfe die Politik nicht aus dem Auge verlieren!

 

Sich seiner selbst bewusst sein, selbstbewusst sein und die anderen mitnehmen – zusammen könn‘ wa dit am besten!

In ihrem Schlusswort brachte die Landesgleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg noch einmal auf den Punkt, dass Gleichberechtigung in einer Demokratie nicht verhandelbar ist:

Der Auftakt der diesjährigen Frauenwochen in der Prignitz hat einmal mehr vor Augen geführt, wie viel tolle und engagierte Frauen es in allen Teilen Brandenburgs gibt. Ob alteingesessen oder neu zugezogen – sie eint, dass sie sich über das frauenpolitisch Erreichte sehr bewusst sind. Sie alle tragen die historische Erfahrung mit sich, dass Gleichstellung der Geschlechter keine Selbstverständlichkeit ist. Ihnen allen ist sehr bewusst, dass Frauenfeindschaft tief in der Gesellschaft verankert und die Grundlage antidemokratischer Entwicklungen ist. Deshalb brauchen wir mehr Frauen in unseren Gemeindevertretungen und in Leitungspositionen. Wir brauchen ein starkes Bewusstsein, dass Gleichberechtigung die Grundlage unserer Demokratie ist.

 

Landesgleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg

Landesgleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg

 

Die Veranstaltung schloss mit einem Überraschungsprogrammpunkt: Nach der ganzen Fülle an Gesagtem durften alle kurz innhalten und sacken lassen, denn drei Schülerinnen der Kreismusikschule Prignitz trugen dem Saal und den Zuschauer:innen online klassische Stücke auf Querflöte, E-Piano und Violine vor. Balsam für die Ohren und gelungener Abschluss des diesjährigen landesweiten Auftakts der Brandenburgischen Frauenwochen!

 

 

Wir bedanken uns noch einmal von Herzen bei unseren Fördermittelgeber:innen und Kooperationspartner:innen, dem Kultur- und Festspielhaus Wittenberge, der Kreismusikschule Prignitz, dem Weltladen Wittenberge und dem Team von Trollwerk Productions Potsdam für die starke Zusammenarbeit! Wir wünschen Ihnen und Euch noch spannende, unterhaltsame und empowernde 34. Brandenburgische Frauenwochen!

 

Weitere Informationen

Alle Termine der 34. Brandenburgischen Frauenwochen sind im digitalen Veranstaltungskalender auf der Internetseite des Frauenpolitischen Rats zu finden. Dort gibt es auch in Kürze den Mitschnitt der landesweiten Auftaktveranstaltung:

https://www.frauenpolitischer-rat.de/project/dit-koenn-wa-besser-34-brandenburgische-frauenwochen/

 

Text: Friederike Arndt

Fotos: Simone Ahrend, sah-photo.de