Populismus: Was ist das?
Der Begriff „Populismus“ scheint weltweit erneut in aller Munde. Die aktuellen Entwicklungen in der Welt zeigen auf, dass Populismus in den USA, in Europa, in Deutschland eine politische Bedeutung hat. Ich stelle hier in der Kürze dieses Beitrages zunächst die konzeptionelle Breite dieses Wortes dar und beziehe dieses in einem zweiten Schritt insbesondere auf das Thema „Gender“.
Was bedeutet „Populismus“? Kurz gesagt: Es gibt keine eindeutige Begriffsdefinition. Lang gesagt: Es ist komplex. Jeder Erklärungsansatz, jeder Versuch einer Definition ist vom Kontext abhängig. Populismus kann
- Eine Ideologie sein, die sich den verschiedenen politischen Strömungen anpasst.
- Populismus kann als Kalkül zum politischen Machterwerb verstanden werden.
- Populismus kann als Strategie, innere Gesetzmäßigkeit betrachtet werden, die sich gegen Eliten und Meinungsvielfalt richtet.
Scheinbar verhält sich Populismus zyklisch im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung und lässt sich historisch in Perioden wiederkehrend beschreiben.
Die von mir genannte dritte Möglichkeit Populismus zu erklären, ist eng mit der aktuellen Genderdebatte verwoben.
Die Genderdebatte ist in sich ein Versuch, Meinungsvielfalt zu schaffen, für viele Lebensentwürfe eine Erklärung, eine Berechtigung zu bestimmen. Von einigen Gruppen wird diese Debatte genutzt um gegen die „politische Machtübernahme“ durch die Frauen zu argumentieren. Das zielt eher auf meinen Versuch Zwei, Populismus zu erklären.
Wird die Genderdebatte auch wie eine Ideologie genutzt, passt sie sich den verschiedenen aktuellen politischen Strömungen an?
Schauen wir nun die aktuelle Genderdebatte an – ist der Begriff „Genderismus“ häufiger zu hören und zu lesen. Beispielsweise eine online-Plattform „wikiMannia“ hat sich hierzu positioniert: „Genderismus ist eine von Feministinnen und Homosexuellen entwickelte Weltanschauung, die das soziologische Geschlecht (Gender) statt dem biologischen Geschlecht (Sex) in den Mittelpunkt bei der Betrachtung des Menschen stellt. Dieses Diktum hat erhebliche Konsequenzen für das Menschenbild und die Geschlechterrollen. Genderismus kann als Rassenlehre des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden. Allerdings ist sie weder wissenschaftlich haltbar noch mit handfesten Fakten belegbar.“ Allein die verwendeten Begriffe lassen allesamt auf populistisch im Sine von Machterhalt schließen. Die Umkehrung von begonnenem Diskurs zwischen den Geschlechtern zu verlangen, die „Rolle rückwärts“ zu machen ist mir mehr als unverständlich.
Die Debatte Alice Schwarzer contra Judith Butler liefert derzeit aktuell einen weiteren zugespitzten Aspekt dieser Gender-Populistischen-Debatte
„Es geht um die Frage, ob aus feministischer Perspektive heraus der Islam kritisiert werden kann. Ja, sagt Alice Schwarzer ganz pragmatisch, weil Frauenrecht, Menschenrecht ist. Und das gilt universell. Judith Butler – Philosophin des Poststrukturalismus – würde das eher theoretisch beantworten: Die Andersheit des Anderen kann eigentlich kein Außenstehender beurteilen. Und so reden die beiden eigentlich von Anfang an aneinander vorbei.“ Quelle
Was für mich alle Beschreibungsansätze des Begriffes „Populismus“ eint, ist das Spiel mit der Angst derer, an die sich Populismus wendet – Populisten schüren Angst – Angst vor Veränderungen jeder Art. So werden Genderfragen als Angstfragen umformuliert. Judith Butler soll in Amerika Trumps Aufstieg befördert haben. In dem Interview in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ spricht Butler von einer „breiten Front des Antiintellektualismus“. Den Emma- und „Beißreflexe“-Autor Vojin Saša Vukadinović stellt sie mit seiner „Grammatik der Härte“ und der „schieren Freude an der Zerstörung“ in eine Linie mit Donald Trump. Und so wendet sich Judith Butler gegen Alice Schwarzer: „Welchen Feminismus Emma auch immer vor Augen hat: Es scheint ein Feminismus zu sein, der kein Problem mit Rassismus hat.“Spätestens seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht hat der Feminismus im Lager der Rechten mehr Unterstützer, als ihm lieb sein kann. Alice Schwarzer hat sich davon oft distanziert.
Auch hier spielt das Thema „Angst“ bis heute eine große Rolle. Somit ist der Grad des herrschenden Populismus in einer Gesellschaft auch gleichzeitig Gradmesser für Angst. Und am Ende auch ein Gradmesser dafür, wie gut Genderfragen betrachtet und zur positiven Entwicklung aller umgesetzt werden.
Ich will als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen im Land Brandenburg Genderfragen im politischen Kontext immer wieder stellen und dafür zu sorgen, dass am Ende jede politische Entscheidung mit Blick auf ihre unterschiedliche Wirkung auf Männer bzw. Frauen betrachtet wird. Angstfrei – das versteht sich von selbst.
Gleichzeitig rege ich, wo ich kann, an, sich mit den Fragen unterschiedlicher Kulturen, insbesondere auch dem Blick der verschiedenen Glaubensgemeinschaften auf die Geschlechter vertraut zu machen und auseinanderzusetzen. Integration vernichtet Populismus.
Text und Foto: Sabine Tischendorf ASF Landesvorsitzende
Noch ein paar links:
https://missy-magazine.de/blog/2017/07/12/the-sargnagel-talks-back-eine-replik-auf-die-emma/
https://www.unicum.de/de/studentenleben/zuendstoff/gender-studies-na-hast-du-auch-vorurteile