Auseinandersetzung mit dem Koalitionsvertrag der SPD und BSW in Brandenburg – Forderungen des FPR
Der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. begrüßt die Einigung der SPD und des BSW auf einen Koalitionsvertrag. Als Interessenvertretung von 26 Mitgliedsorganisationen und 300.000 Frauen in Brandenburg hat der FPR die Parteien dazu aufgefordert unsere Forderungen aus den Bereichen Gewaltschutz, Gesundheitsversorgung, Familie und Sorgearbeit, Bildung, Wissenschaft, Vielfalt und Teilhabe und Bezahlung und Finanzplanung in Ihre Verhandlungen und den Koalitionsvertrag zu integrieren. Nun gilt es zu prüfen, inwiefern gleichstellungs- und frauenpolitischen Themen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben.
Wir freuen uns, dass sich die Koalition dem Gewaltschutz für Frauen verschrieben hat und die Umsetzung der Istanbul-Konvention als auch die Schulung von relevantem Personal vorsieht (siehe Zeilen 1498-1505, Forderungen 1.1 & 1.8). Gleichzeitig möchten wir auf den vagen Wortlaut hinweisen: „wirkt auf deren [Istanbul-Konvention] Umsetzung hin“ und appellieren an die Koalition die Umsetzung der Konvention aktiv voranzutreiben (Koalitionsvertrag, Seite 42, Zeile 1500).
Auch die Verschreibung zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Beruf, Politik und Gesellschaft sowie die Unterstützung und Entwicklung der Arbeit der Landesgleichstellungsbeauftragten begrüßen wir sehr (siehe Zeilen 1490-1497, vgl. Forderung 7.17). Auch hier ist aber wichtig sowohl gesellschaftliche Veränderungen voranzubringen als auch politische Maßnahmen einzuführen
Als FPR vertreten wir die Interessen von Müttern und Familien, positiv bewerten wir daher die geplanten Verbesserungen im Bereich der Gesundheitsversorgung und Hebammenausbildung (siehe Zeilen 1544-1548). Keine Erwähnung finden geschlechterspezifische Verbesserung der medizinischen Ausbildung und Forschung, sowie kostenlose Periodenprodukte.
Auch die Reduzierung von Kita und Hortbeiträgen und die Fachkräftesicherung in Kitas kann Familien helfen Sorgearbeit fairer zu verteilen und das Familienleben mit dem Berufsleben zu vereinbaren (siehe Koalitionsvertrag 3.1.). Uns fehlen hier allerdings die Anerkennung von unbezahlter Sorgearbeit, kostenlose Kinderbetreuung und Verpflegung in Kitas und Horts.
Im Bereich der Bildung sind Verbesserungen in der Jugend- und Demokratiebildung vorgesehen, allerdings sind keine Maßnahmen zur gendersensiblen Jugendarbeit oder die Einrichtung einer Fachstelle für queere Jugendarbeit geplant. Solche Einrichtungen und Bildungsangebote sind aber notwendig, um Antifeminismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit in der Jugend vorzubeugen und so dem wachsenden Rechtsruck entgegenzuwirken.
Die Bestrebungen Lohngerechtigkeit herzustellen in dem die Lohnlücken zwischen Männern und Frauen sowie Ost und West verringert werden sollen, die Erhöhung des Mindestlohns, Verbesserungen von Renten und die Tariftreueregelung für die Vergabe öffentlicher Aufträge als Ziele der Koalition unterstützen wir (siehe Zeilen 353 ff., 1271 ff., 1507 ff., 2225 ff.). Trotzdem gibt es klare Verbessrungsmöglichkeiten in diesem Bereich, zum Beispiel durch gendergerechte Finanzplanung wie Gender Budgeting.
Leider mussten wir feststellen, dass der Koalitionsvertrag große Lücken im Bereich der Gleichstellung und Frauenpolitik aufweist. Von fast 80 Forderungen sind nicht mal 20 ganz oder teilweise im Koalitionsvertrag wiederzufinden. Im Koalitionsvertrag 2019 wurde der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. noch namentlich genannt als zentraler Akteur im Bereich Frauenrechte und Gleichberechtigung – dies ist nun nicht mehr der Fall. Wir appellieren an die Regierungsparteien unsere Forderungen trotzdem umzusetzen, denn es gilt weiterhin: Lieber gleichberechtigt als später!