KDFB Clubabend: Wie umgehen mit Minderjährigen-Ehen?
Wie umgehen mit Minderjährigen-Ehen?“ Eine Antwort auf diese Frage wurde beim KDFB-Clubabend in Potsdam am 27. April 2017 gesucht. Dazu hatte der KDFB erneut in die Räumlichkeiten der Hochschul- und Stadtkirchenarbeit in der Potsdamer Innenstadt eingeladen. Kooperationspartner war die Fachgruppe Frauen des Landesverbandes Brandenburg der Deutschen Justizgewerkschaft.
Als Expertin begrüßte der KDFB Berlin Heike Rabe, stellvertretende Abteilungsleiterin beim Deutschen Institut für Menschenrechte. Monika Paulat, ehemalige Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg und u.a. Mitglied der Justizgewerkschaft, führte durch den Abend.
Betroffenene sind in der Regel Mädchen
Der Gesetzesentwurf war blitzartig Anfang des Jahres erfolgt, das Thema ist medial dauerpräsent. Der Abend in Potsdam begann mit einem Blick auf die Zahl und Gruppe der Betroffenen. Laut Angaben der Bundesregierung waren 2016 im Ausländerzentralregister 1.475 minderjährige ausländische Staatsangehörige als in Deutschland lebend und verheiratet erfasst. Davon waren die deutliche Mehrheit, nämlich 1.152, Mädchen, nur 317 waren Jungen. In 361 Fällen handelte es sich um Kinder unter 14 Jahren, 120 der Betroffenen waren 14 oder 15 Jahre alt und 994 waren zwischen 16 und 18 Jahre alt.
Motive sind vielfältig – teilweise bieten Ehen Mädchen Schutz
Die Motive für diese Eheschließungen sind vielfältig und können von einvernehmlichen Ehen bis hin zu Zwangsverheiratungen reichen, sowie der Hoffnung, dass die Ehe minderjährigen Mädchen Schutz vor sexuellem Missbrauch auf der gefährlichen Flucht bietet. Auffällig ist, dass die Verheiratung von Minderjährigen in den meisten Herkunftsländern der Flüchtlinge generell rückläufig war. Die Zahlen von Frühverheiratungen sind erst wieder mit dem Beginn von Krisen, wie etwa des Krieges in Syrien, gestiegen.
In Deutschland liegt das Mindestalter für Ehen nach § 1303 Abs. 1 BGB generell bei 18 Jahren. Eine Heirat ist jedoch schon ab 16 Jahren möglich, wenn ein Familiengericht dies genehmigt und eine der beteiligten Personen volljährig ist. Im Ausland geschlossene Ehen müssen grundsätzlich ohne Weiteres anerkannt werden.
Im neuen Gesetzesentwurf müssen nun beide Ehe-Partner 18 Jahre alt sein. Alle Ehen, bei denen ein Partner jünger als 16 Jahre ist, werden für nichtig erklärt. Dies soll auch für bereits im Ausland geschlossene Ehen gelten und betrifft damit vor allem Flüchtlinge und Migranten. Diese Ehen würden damit aufgehoben bzw. für nichtig erklärt.
Clubabend macht Komplexität des Themas deutlich
Beim Clubabend wurde deutlich, dass dies zu gravierenden Nachteilen für die Minderjährigen führen kann. So würden Kinder aus solchen Ehen als nichteheliche Kinder angesehen. Auch gäbe es keine Unterhaltsansprüche für die Betroffenen. Allerdings sollte der Schutz Minderjähriger an erster Stelle stehen. Deshalb müsste eine Einzelfallprüfung erfolgen, statt pauschal Ehen für nichtig zu erklären. Eine längere Auseinandersetzung mit dem Thema in der vom Minister einberufenen Arbeitsgruppe wäre angesichts der Komplexität des Themas angebracht gewesen.
Text: KDFB Berlin, zuerst erschienen auf: https://www.frauenvernetzt.de/