Brandenburger Frauen sprechen über Armut

Der Countdown zur Landtagswahl läuft (1. September)! Wir veröffentlichen hier die Forderungen aus unseren Mitgliedsorganisationen. Zuletzt haben wir die Wahlprüfsteine der Landesarbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten an brandenburgischen Hochschulen (LakoG) veröffentlicht. Zuerst konntet ihr die Forderungen der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten hier auf unserem Blog lesen.

Heute veröffentlichen wir den Text von drei unserer langjährigen Mitgliedsorganisationen. Der Arbeitslosenverband, die Brandenburger Landfrauenverband und der Demokratischer Frauenbund bilden hier in Brandenburg ein Projektteam mit dem Titel „Wir brechen das Schweigen…“. In diesem Rahmen haben sie Forderungen zum Thema Frauenarmut aufgestellt, die ihr hier lesen könnt:

„Erhöhte Armutsrisiken für Frauen“?

Frauen stoßen auf ihrem Weg hin zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit auf viele Stolpersteine, die es zu überwinden gilt: Sie orientieren sich an klassischen Frauenberufen, sie haben noch immer niedrigere Einkommen als ihre männlichen Mitbewerber, sie unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit, häufig familienbedingt, oder sie sind häufig im Niedriglohnsektor zu finden und stehen damit einem enormen Risiko gegenüber: Der Altersarmut!

Wir brauchen eine faire Chancenverteilung zwischen Frauen und Männern über alle Lebensphasen hinweg. Und fragen nach: Was wird Politik konkret tun, um bestehende Ungleichbehandlungen abzuschaffen und die Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu fördern?

Wir erwarten, dass das Land Brandenburg aktiv an einer wirksamen Bekämpfung von Frauenarmut mitwirkt.

Schließung Gender-Pay-Gap (Lohnlücke) / Aufwertung frauendominierter Berufe

Es ist eine Diskriminierung, wenn Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, schlechter bezahlt werden als männerdominierte Arbeiten. Der so genannte Gender Pay Gap beträgt in Deutschland derzeit 22 Prozent. In Brandenburg ist er deutlich kleiner: Frauen verdienten in Brandenburg im Jahr 2018 mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 16,08 EUR rund 2 Prozent weniger als Brandenburger Männer (16,49 EUR). Aber das ist kein Grund zu feiern. Die Lohnlücke hier ist kleinereil auch Männer in Brandenburg zu wenig verdienen!

Wir fordern:

  • Eine Aufwertung der sogenannten typischen Frauenberufe insbesondere in der sozialen und personenbezogenen Dienstleistungsarbeit (z. Pflege und Erziehung). Warum ist die Arbeit mit Kindern oder Älteren weniger Wert als technische und verarbeitende Tätigkeiten?
  • Neue klischeefreie Ansätze in der Rollenbilder „typisch Mann“ und „typisch Frau“ sind überholt. Wir brauchen geschlechterübergreifende Ansätze.
  • Geschlechtergerechte Angebote zur beruflichen Orientierung, denn Stereotype dominieren weiterhin bei der Berufswahl.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss für Frauen und Männer selbstverständlich sein

Nach wie vor existiert eine ungleiche Arbeitsaufteilung. Mütter übernehmen einen deutlich größeren Anteil der unbezahlten Arbeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit als Väter. Tatsächlich arbeitet fast jede zweite Frau in Deutschland in Teilzeit. Nur rund 30 Prozent der Mütter sind in Vollzeit beschäftigt. Ein nicht generell greifendes Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit reicht nicht

Wir fordern:

  • Subventionen und finanzielle Förderung nur an Unternehmen mit flexiblen und familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen
  • eine Reform der Ausbildungssysteme – mehr flexiblere Ausbildungsmöglichkeiten (Teilzeitausbildungen und -studiengänge) sind zu Elternschaft und Berufseinstieg müssen vereinbart werden können.
  • die Eindämmung von prekärer Beschäftigung und Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung
  • den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kitas und Ganztagsschulen
  • Armut von Alleinerziehenden und ihren Kindern in allen Lebensphasen durch eine gleichstellungsorientierte Familien- und Arbeitsmarktpolitik verhindern

Aufteilung von (un)bezahlter familiärer Sorgearbeit und ehrenamtlichem Engagement

Die Arbeiten im Haus, bei der Erziehung der Kinder, der Pflege der Alten und Hilfsbedürftigen und in der sozialen und kulturellen ehrenamtlichen Arbeit sind gesellschaftlich ebenso notwendig wie die Erwerbsarbeit, werden aber überwiegend von Frauen erledigt.

Wir fordern:

  • „Hälfte / Hälfte“ – weg mit dem Rollenmodell des Mannes als „Haupternährer“ hin zur öffentlichen Diskussion zur fairen Arbeitsteilung im Haushalt
  • Kein Ehegattensplitting, das alleine am Tatbestand der Ehe orientiert ist und Männer mit nicht berufstätigen Frauen begünstigt
  • Sicherung, Förderung und Aufwertung ehrenamtlichen Engagements durch Lobbyarbeit

Menschenwürdiges Existenzminimum und bedarfsgerechter Kinderregelsatz

Armut im heutigen Deutschland ist ein sehr relativer Begriff. Aber wer weniger als 60% des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat, befindet sich in einer gesellschaftlichen Außenseiterposition. Armut und Ausgrenzung – das sind nicht nur statistische Zahlen, dahinter stehen persönliche Schicksale der Betroffenen und ihrer Kinder. Kinder und Jugendliche sind diejenigen, die Armut am meisten spüren. Wenn Menschen am sozialen Ende der Gesellschaft angekommen sind, ist die Sicherung von Rahmenbedingungen für wirkungsvolle Hilfen nur ein kleiner Teil der politischen Verantwortung.

Wir fordern:

  • Eigenständige Existenzsicherung für Kinder und Jugendliche durch einen angemessenen Regelsatz, der den gesamten Bedarf an Ausstattung im Bildungswesen sowie Teilhabe und Chancengleichheit
  • Die Sätze für Grundsicherung und Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) sind so zu berechnen, dass sie die tatsächlichen Bedarfe zum Leben berücksichtigen. Darüber hinaus ist die Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben zu Geld ist dabei ein bzw. das zentrale Bindeglied zur Sicherung von Chancen auf Bildung, Kultur, Freizeit, Sport etc.

Alterssicherung – Altersarmut von Frauen

Frauen beziehen geringere Erwerbseinkommen als Männer, was wiederum Auswirkungen auf die zu erwartenden Renten hat. Männer verfügen im Schnitt über mehr als doppelt so hohe Alterssicherungseinkommen wie Frauen.

Wir fordern:

  • Die Verhinderung von Altersarmut sowie die Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe für von Armut betroffene ältere Menschen
  • Die Finanzierung der so genannten „Mütterrente“ aus Steuermitteln und die tatsächliche gleichberechtigte Anrechnung von Rentenpunkten, vorerst 3 Rentenpunkte für ALLE geborenen Kinder
  • Stärkere Berücksichtigung von Betreuungs- und Pflegezeiten bei der Rentenberechnung

 

 

Text:

Arbeitslosenverband Deutschland, Landesverband Brandenburg e.V.

Brandenburger Landfrauenverband e.V.

Demokratischer Frauenbund, Landesverband Brandenburg e.V.