Podiumsdiskussion: Von Träumen und vom Handeln – Über die Frauenbewegung(en) in der Türkei & ihre Heldinnen
Die Heinrich Böll Stiftung präsentiert:
Podiumsdiskussion: Von Träumen und vom Handeln – Über die Frauenbewegung(en) in der Türkei & ihre Heldinnen
Dienstag, 08. Februar 2022, 19:00 – 21:30 Uhr
Vor knapp einem Jahr verkündete Präsident Erdoğan den Austritt der Türkei aus der Istanbul Konvention. Und das, obwohl häusliche Gewalt, dem weltweiten Trend folgend, in der Türkei rasant zunimmt und sich allein die Zahl der Frauenmorde in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat, was zeigt, dass die derzeitigen Präventivmaßnahmen bei weitem nicht ausreichen.
Verwunderlich ist dieser Schritt nicht, stand die Familienpolitik der AKP doch seit jeher im Widerspruch zur Istanbul Konvention. Die Regierungspartei setzt auf ein konservatives Familienbild, in dem Frauen die Rolle als Hausfrau und Mutter zufällt. Dass dies in einer ökonomisch strauchelnden Türkei immer öfter im Widerspruch zu der sozialen Realität vieler Familien steht, geschenkt!
Besonders bitter ist der Austritt der Türkei aus der Istanbul Konvention, da die Türkei damals das erste Land war, das diese 2011 ratifizierte. Dem Übereinkommen war 2009 das wegweisende Urteil des EGMR im Fall Opuz vs. Turkey vorausgegangen. In dem Femizidfall stellte der Gerichtshof zum ersten Mal fest, dass eine Regierung einer Frau das Recht auf Leben verweigere, wenn sie es versäume, männliche Gewalt gegen Frauen zu verhindern und erarbeitete darauf aufbauend staatliche Verpflichtungen zum Schutz von Frauen vor Gewalt.
Sowohl das Urteil des EGMR, als auch die darauffolgende Istanbul-Konvention zählen zu den Meilensteinen in Europa, was Frauenrechte angeht und sie sind auch dem unermüdlichen Einsatz der Frauenrechtlerin Cânân Arın und ihrer Mitstreiterinnen zu verdanken. 2021 bekam die Juristin dafür den Anne-Klein-Frauenpreis der Heinrich-Böll-Stiftung. Seit über 40 Jahren setzt sie sich für die Rechte und die Selbstbestimmung von Frauen ein. Sie ist Mitbegründerin des ersten unabhängigen Frauenhauses in der Türkei. In unzähligen rechtlichen Verfahren, in denen es um Gewalt gegen Frauen geht, erstreitet sie Frauenrechte. Wir freuen uns, dass sie jetzt nach Berlin kommen kann und sprechen mit ihr über die aktuellen Entwicklungen, den zunehmenden Antifeminismus in der Türkei (aber auch in Europa), die verbliebenen (Gestaltungs-)Räume von Frauenrechtler*innen und Aktivist*innen und die Möglichkeiten internationaler Unterstützung und Solidarität.
Mit
- Cânân Arın, Frauenrechtlerin & Anne-Klein-Frauenpreisträgerin 2021
- Claudia Roth, Kulturstaatsministerin
Moderation: Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung
Sprache: Deutsch, Türkisch mit Simultanverdolmetschung
Alle Informationen und Termindetails zum Livestream finden sich hier.