Girls just wanna have … votes
Jugendbeteiligung, politische Bildung und Mitwirkung sind Themen, mit der sich auch die Mädchenarbeit aktiv auseinandersetzen muss.
Unter dem Motto „Deine Stimme ist Gold wert“ konnte Cottbus im Zuge der U18-Wahl 2017 erleben, welche Steine junge Frauen ins Rollen bringen wollen und vor allem können.
Völlig unbedacht und ohne große Erwartungen haben meine Kollegin und ich unsere Einrichtung als offenes Wahllokal für die U18-Wahl angemeldet, doch was dann folgte, beeindruckt uns nachhaltig.
Einige unserer Besucherinnen wurden auf den Tag aufmerksam und machten sie ihn sich schnell zu eigen und planten ein regelrechtes Event, um Jugendliche zu motivieren ihre Stimme zu nutzen, politische Signale zu senden und stolz darauf zu sein.
Souverän präsentierten sich die jungen Frauen der Presse, beantragten Fördergelder, um selbstdesignte Buttons und Festivalbändchen für die erfolgte Wahlteilnahme auszuhändigen und warben bei Schulen, Lehrerschaften und freien Trägern um deren Beteiligung. Nebenher wurden dann noch die Wahlhelferinnen-T-Shirts sprachlich „gegendert“ und umgestaltet, eine Wahlurne in Form eines Dodekaeders in der Werkstatt gebaut, Videoclips gedreht und Plakate und Banner angefertigt – ein wahrer Sturm der Beteiligung hinter der Wahlurne.
Ich hätte nie gedacht, dass eine rege Wahlbereitschaft nicht an fehlenden bereitwilligen Jugendlichen scheitert, sondern an fehlenden bereitwilligen LehrerInnen und Schulen. Trotz Werbung, persönlichen Gesprächen und dem unbestreitbaren Nutzen und Sinn der U18-Wahlen, fanden nur einzelne Schulklassen und Gruppen von freien Jugendprojekten den Weg in das Wahllokal und kamen zudem mit den Wahlhelferinnen und der Landesgleichstellungsbeauftragten Monika von der Lippe ins Gespräch, die zum „Meet and Greet“ vor Ort war.
Scheitert politische Bildung also in der Praxis und an der Bequemlichkeit von Schulen? Ein falsches Signal, welches freiwilliges Engagement nicht vollständig aufklären kann und sollte.
Es gilt die engagierten jungen Frauen, deren Teilhabe und Mitwirkung wertzuschätzen und zeitgleich der künftigen WählerInnen-Generation zu signalisieren, dass ihre Meinung zählt und bei Entscheidungsprozessen Berücksichtigung findet. Eine Aufgabe, deren wir uns als Pädagoginnen in der Mädchenarbeit verschrieben und deren positive Auswirkungen wir durch das Projekt U18-Wahl in Cottbus erfahren haben. So sammelten nicht nur Parteien und Wahlprogramme jugendliche Zustimmungen bzw. positive Stimmen, sondern auch die jungen Frauen für ihr Engagement.
Text und Fotos: Marlen Berg, 32 Jahre. Studium in Potsdam: Magister in Erziehungswissenschaft und Literaturwissenschaft. Schwerpunkte Kinder- und Jugend; Abschlussthema: Mädchenarbeit.
Seit 2012 arbeite ich studienbegleitend in dem Frauenzentrum Cottbus, bin dort auch Vereinsfrau und seit 2013 im Mädchenprojekt angestellt und seit diesem Jahr dort Projektleiterin. Meine „Steckenpferde“ sind kreative Arbeit und der Mut zu Allem, was die Welt hergibt (Handwerk, Technik, Lesen, usw.). Dabei begleiten mich meine Hündin Lorelai und mein Mann, der ebenfalls ehrenamtlich in der mädchen- und frauenpolitischen Arbeit aktiv ist. Ich bin in Cottbus geboren und liebe die hiesige Kinder- und Jugendlandschaft und möchte weiterhin in dieser aktiv sein und hoffe zudem in der Mädchen- und Frauenpolitik „junge“ Ideen miteinbringen zu können und von vielen anderen tollen Frauen zu lernen. Eine große Bereicherung hierfür ist meine Freundin Franziska Reifenstein, die ich glücklicherweise auch gleichzeitig Kollegin nennen darf.