Lohnlücke in Brandenburg nur 6,5%! Wie lässt sich das erklären?
Vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes zur Entgelttransparenz fand am Montag in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung eine Podiumsdiskussion zu dem Thema „Mehr als gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Equal Pay in Brandenburg“ statt. Ich staunte nicht schlecht darüber, dass Deutschland mit einer geschlechtlichen Lohndifferenz von 22 Prozent an drittletzter Stelle innerhalb Europas steht was gleichberechtigte Bezahlung angeht. Wie kann es sein, dass Frauen im Durchschnitt weniger als vier Fünftel des Geldes bekommen, das Männer bekommen? Ist Frauenarbeit denn weniger wert? Leisten wir denn nicht die gleiche Arbeit wie unsere männlichen Kollegen?
Die gute Nachricht: In Brandenburg sind es nur 6,5 Prozent. Susanne Feldkötter, Sprecherin beim Frauenpolitischen Rat, stellte dazu verschiedene Thesen auf. Dass die Lohndifferenz in Brandenburg im bundesweiten Vergleich so gering ist, hinge damit zusammen, dass sowohl Männer als auch Frauen in Brandenburg wesentlich weniger verdienten als in anderen Bundesländern, sodass der Spielraum für eine Differenz von vornerein geringer sei. Industriearbeiter in Brandenburg verdienen nur die Hälfte von dem, was ihre Kollegen in Wolfsburg bekommen.
In Hamburg lag die Differenz zwischen Frauen und Männern bei sage und schreibe 24 Prozent (also fast einem Viertel!), doch dort verdienten die Frauen nichtsdestotrotz mehr, als die Männer in Brandenburg – von den Brandenburger Frauen ganz zu schweigen. Auch wenn wir also im Vergleich zu unseren Hamburger Kolleginnen den Männern derselben Region im Hinblick auf die Bezahlung weniger weit hinterherhinken, so ist unsere durchschnittliche Bezahlung verglichen mit anderen Bundesländern doch weit von einem Wert entfernt, den man als gerecht bezeichnen könnte.
Hilfreich, so Susanne Feldkötter, wären mehr gute Tarifverträge, denn an denen mangele es in Brandenburg bislang. Doch auch die Frauen müssten an sich arbeiten. Sie blieben noch viel zu oft in ihrem traditionellen Rollenverständnis und setzten sich nicht vehement genug für das ein, was ihnen zusteht. Sie seien deshalb leichter in den schlechten Strukturen zu halten, so Karin Wagner, Betriebsrätin bei der MAZ. Männer hätten den Frauen oftmals voraus, sich besser vermarkten zu können. Es käme im Hinblick auf eine Beförderung in erster Linie nicht darauf an, die aufgetragene Arbeit zufriedenstellend zu erledigen. Man müsse auf sich aufmerksam machen, netzwerken. Während Männer sich abends mit den Kollegen träfen und nützliche Kontakte knüpften, gingen Frauen entweder nach Hause, um sich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern, oder engagierten sich in ihrer Freizeit freiwillig im Ehrenamt. Henrike von Platen, Fair Pay Expertin, sah die Freiwilligenarbeit von Frauen deshalb kritisch; unbezahlte Arbeit trug nicht unbedingt dazu bei, das zwischengeschlechtliche Lohngefälle zu verringern. Sie verwies jedoch auch darauf, dass sich seit der Einführung des Equal Pay Day im Jahr 2008 bereits Verbesserungen eingestellt hätten. Die bundesweite Lohndifferenz war zwar nur um drei Prozent gesunken, doch es begann ein Umdenken in den Köpfen der Menschen. Während man früher noch darüber hatte diskutieren müssen, ob es den „Gender Wage Gap“ überhaupt gab, so hatten das mittlerweile alle mehr oder weniger anerkannt, sodass nun vielmehr darüber diskutiert werden konnte, wie hoch er war und wie man ihn senken konnte.
Genau dies sei ein wichtiger Punkt: das Denken und die Wahrnehmung der Menschen im Hinblick auf dieses Problem zu verändern, sie dafür zu sensibilisieren. Man müsse mehr über Geld reden, die Wahrnehmung als Tabuthema brechen und mehr Transparenz schaffen. Zu diesem Zweck würden künftig verschiedene Universitäten besucht werden, um vor Ort mit den Studenten und Studentinnen über den Gender Wage Gap zu reden, sie zum Nachdenken darüber anzuregen. Der erste Schritt zur Beseitigung eines Problems, das man nicht alleine lösen konnte, war schließlich, auch anderen dieses Problem bewusst zu machen, sodass man sich gemeinsam für eine Lösung stark machen konnte.
Also Frauen und Männer in Brandenburg: Seid selbstbewusst! Tauscht euch aus! Werdet aktiv! Denn unsere Arbeit verdient einen gerechten Lohn.
Text: Madita Gerike
Fotos: Simone Ahrend