Ich möchte gerne boxen …
Vier großformatige und dichtbeschriebene Packpapierseiten waren das erste sichtbare Resultat des Potsdamer Regionalgesprächs unter dem Motto „Was Mädchen wollen!? – Partizipation und gesellschaftlicher Wandel“, das am 8. Dezember im Frauenkulturzentrum PrimaDonna stattfand.
Den gegenwärtigen Ist-Zustand zum Thema Teilhabe von Mädchen und jungen Frauen in den Bereichen Familie, Schule, Sport und Offene Jugendarbeit bildeten dabei die Redebeiträge von Maggy, To Tran, Lieselotte, Deborah und Hong Anh in den so genannten „Vier-Ecken-Gesprächen“ ab. Die 14- bis 16-Jährigen mit afrikanischen, deutschen, portugiesischen oder vietnamesischen Wurzeln erzählten währenddessen immer wieder Szenen aus ihrem Alltags(er-)leben.
„Ich möchte gerne boxen aber mein Vater findet Ballett besser für mich“, sagte eine, oder „dass ihr Vater die anfallende Hausarbeit ganz gern auf seine drei Töchter abwälzt, ohne sich selbst genügend zu beteiligen“, eine andere. Und auch „die Kindheitserfahrungen ihrer Mutter als Ältester von zehn Geschwistern haben Auswirkungen auf ihr eigenes Verantwortungs- bewusstsein“, so eine Dritte.
Nicht auf die traditionellen Rollenklischees eingeschworen wurde hingegen eine junge Frau, die sich bewusst dagegen entschied, das Kochen zu erlernen, sondern mit ihrem Vater viel lieber Möbel zusammenschraubt. Oder auch eine junge Frau, die schon von Kindesbeinen an erfolgreich Fußball spielt. Zum Glück werden beide von ihren beiden Eltern darin unterstützt!
Dass Kinder in Brandenburg nicht mehr in herkömmlichen Geschlechterrollen erzogen werden und eine eigene Identität entwickeln können, ist auch die Zukunftsvision von Brandenburgs Landesgleichstellungsbeauftragter Monika von der Lippe. Bis es so weit ist, gibt es jedoch noch eine Menge zu tun.
Grundlegende Veränderungen anzustoßen und durchzusetzen, ist erfahrungsgemäß in Schulen oder Sportvereinen leichter als in privaten Zusammenhängen. Und so nahm der Vereins- vorsitzende von SV Motor Babelsberg die Erkenntnis mit, zukünftig besser auf die Bedürfnisse von jungen Sportlerinnen oder Trainerinnen einzugehen und zum Beispiel junge Frauen gezielt persönlich einzuladen, wenn Leitungsfunktionen im Verein zu besetzen sind.
Man darf gespannt sein, in welcher Form die Erkenntnisse aus diesem sehr lebendigen „Mädchen“-Regionalgespräch ihren Niederschlag im „Leitbild für ein geschlechtergerechtes Brandenburg“ finden, das zusammen mit dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm Mitte des kommenden Jahres verabschiedet werden soll.
Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Simone Ahrend, sah-photo