Wirklich etwas bewegen können

Posted by on Dez 8, 2015 in Allgemein

Einhundert Tage beträgt die Zeit, die nach einer journalistischen Faustregel jeder/m zugestanden wird, um sich einzuarbeiten im neuen Amt. Monika von der Lippe ist am 9. Dezember genauso lange Landesgleichstellungsbeauftragte. Wir haben vor ein paar Tagen gefragt, welche 100-Tage-Bilanz sie persönlich zieht.

„Es macht großen Spaß“, sagt Monika von der Lippe mehrfach und es ist ihr nicht nur während ihrer Vor-Ort-Termine immer wieder anzusehen, wie gern sie mit Menschen im Gespräch ist.    Sie war fast in ganz Brandenburg zu bisher fünfunddreißig Antrittsbesuchen unterwegs; sie hat Grußworte und Reden auf zahlreichen Veranstaltungen in Senftenberg, Finsterwalde oder Brandenburg an der Havel gehalten.

„Ich bin sehr positiv überrascht“, sagt sie, denn aus ihrer früheren Hauptstadtperspektive und den anfänglichen Internetrecherchen hat sie (zu) wenig von Brandenburgs gleichstellungs- politischen Akteurinnen erfahren. In den persönlichen Begegnungen lerne sie hingegen ungemein kompetente Frauen mit vielen guten Ideen kennen.

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Während der Konferenz der Landesfrauenräte vom 11. bis 13. September 2015

Begeistert ist Monika von der Lippe auch von besonderen Angeboten, wie der Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit, der Vertraulichen Spurensicherung oder den Angeboten des Potsdamer Mädchentreffs „Zimtzicken“. Für letzteren konnte sie in ihrer Amtszeit sogar schon direkt etwas bewirken: Sie bewilligte einen Antrag und zwölf Mädchen aus Syrien, Tschet- schenien und Vietnam haben dadurch Schwimmen gelernt.

Doch es gibt auch Themen, die die Landesgleichstellungsbeauftragte nicht (nur) positiv umtreiben. Die Situation der Kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sei dramatischer, als sie sich das im Vorfeld vorgestellt habe, sagt sie. Denn deren geringe Anzahl und die zu große Vielzahl von Aufgaben, die diese neben dem Thema Gleichstellung noch zu bewältigen haben, verhindern ihre Wirksamkeit vor Ort.

Gesetzesänderungen in diesem Bereich zählen zu ihren konkreten Vorhaben bis Ende 2016. Genauso wie die Themen alleinerziehende Frauen und Gewalt gegen Frauen. Bei den alleinerziehenden Frauen müsse man sich mehr Gedanken und ihnen vor allem in der strukturschwachen Peripherie bedürfnisorientierte Angebote machen. Es gehe darum, die Vorurteile in den Unternehmen, Jobcentern und auch bei den Frauen selbst aufzubrechen, so Frau von der Lippe.

Noch mehr Aufklärung sei auch nötig beim Thema (Häusliche) Gewalt gegen Frauen. Und es muss die Frage beantwortet werden, ob die Anzahl der Frauenhäuser und der anderen Unterstützungsstrukturen im Land ausreichend ist bei mehr als 3000 angezeigten Fällen von Gewalt gegen Frauen pro Jahr?

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Internationaler Aktionstag „Nein zu Gewalt gegen Frauen“ am 25. November 2015

Bundespolitisch steht die Diskussion des Prostituiertenschutzgesetzes auf ihrer Agenda. Frau von der Lippe bezeichnet es als handwerklich schlechten Gesetzesentwurf, der die Prostituierten stigmatisiert und kontrolliert, während diese, wie sie findet, eigentlich gestärkt werden müssen.

Das Thema Generationenwechsel bei den gleichstellungspolitischen Akteurinnen sieht Brandenburgs Gleichstellungsbeauftragte jedoch optimistisch. „Es sind auch viele junge Frauen da! Ich sehe das nicht dramatisch, es ist ein normaler Übergangsprozess und es ist gut, dass dieses Thema so bewusst ist.“ Und: es gäbe viele Potenziale bei den Jüngeren, die sie in Zukunft einbringen werden.

Zu ihrer persönlichen Zukunftsvision befragt, sagt die Mutter zweier Kinder, dass sie sich wünscht, dass die Kinder in Brandenburg nicht mehr in Geschlechterrollen erzogen werden und eine eigene Identität entwickeln können – ohne herkömmliche Rollenklischees. Das will sie genauso wie das Leitbild für ein geschlechtergerechtes Brandenburg, das Mitte 2016 gemeinsam mit dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm verabschiedet wird, gern weiter mitgestalten.

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Beim 12. bundesweiten Vorlesetag am 20. November 2015

„Wirklich etwas bewegen zu können“, sagt Monika von der Lippe während ihre blauen Augen blitzen, das ist ihr Eindruck nach den vergangenen einhundert Tagen. Für sie ein großer Ansporn. Dafür arbeitet die 38-Jährige intensiv und ist auch außerhalb ihrer Bürozeiten erreichbar.

Nicht zuletzt lassen sich in ihrem neuen Amt auch Beruf und Familie gut unter einen Hut bringen – denn auch Wochenendtermine können schön sein!

Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Simone Ahrend, sah-photo