Geflüchtete Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt schützen
Flucht ist ein dramatisches Lebensereignis, in dessen Verlauf Frauen und Kinder zu den besonders gefährdeten Gruppen gehören. Denn Frauen, die aus ihren Herkunftsländern oft auch wegen Ausbeutung, Unterdrückung und sexualisierter Gewalt flüchten, sind auch auf der Flucht nicht vor Übergriffen geschützt.
Dies setzt sich in einem aufnehmenden Land wie Deutschland fort. Beispielsweise, wenn in den schnell aus dem Boden gestampften Massenunterkünften nicht gewährleistet werden kann, dass Frauen eigene, von Männern getrennte, abschließbare sanitäre Räume erhalten bzw. Männer das Einhalten von Regeln zu Gunsten von Frauen und Kindern verweigern. Häufig können in den eilends errichteten Flüchtlingsunterkünften allein flüchtende Frauen – mit oder ohne Kinder – nicht separat von Männern untergebracht werden.
Ganz besonders Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen, gilt verstärkt in der derzeitigen Situation, in der jeden Tag hunderte Asylsuchende hier ankommen. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen der Unterbringung und der (meist männliche) Wachschutz geschlechts- sensibel agieren. Die Helfenden sollten sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber Frauen und ihren Kindern bewusst sein, in dem Wissen, dass insbesondere Mädchen und Frauen auch von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind.
Verschiedene Frauen- und Menschenrechtsorganisationen und auch der PARITÄTISCHE haben dazu Positionspapiere erarbeitet:
Deutsches Institut für Menschenrechte:
Effektiver Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt – auch in Flüchtlingsunterkünften
Das Papier gibt konkrete und detaillierte Empfehlungen für eine menschenrechtskonforme Weiterentwicklung des Gewaltschutzsystems für Asylsuchende und Geduldete in Flüchtlings-unterkünften. https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/frauenrechte/
TERRE DES FEMMES:
Forderungen von TERRE DES FEMMES zur Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Frauen auf der Flucht
https://www.frauenrechte.de/online/index.php/themen-und-aktionen/aktuelles-zu-frauenrechten-allgemein/1888-forderungen-von-terre-des-femmes-zur-beruecksichtigung-der-besonderen-schutzbeduerftigkeit-von-frauen-auf-der-flucht
Die Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES fordert auch, bei Flüchtlingen aus muslimischen und männerdominierten Ländern die Anerkennung von Frauenrechten durchzusetzen. „Mit Blick auf die Gleichberechtigung der Frauen müssen wir bei den aktuellen Einwanderern Fehler der Vergan-genheit vermeiden“, sagte die Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES, Christa Stolle, der Deutschen Presse-Agentur. Zwangsehen und Gewalt dürften nicht toleriert werden. „Wir müssen immer wieder darauf pochen, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, dass Schlagen kein Mittel ist, auch für Kinder nicht, und in Deutschland verboten ist.“
Der PARITÄTISCHE:
Der Paritätische Gesamtverband hat eine Arbeitshilfe unter dem Titel „Empfehlungen für ein Gewaltschutzkonzept zum Schutz von Frauen und Kindern in Gemeinschaftsunterkünften“ veröffentlicht. https://www.migration.paritaet.org/start/artikel/news/paritaetische-empfehlungen-fuer-ein-gewaltschutzkonzept-zum-schutz-von-frauen-und-kindern-in-gemeins/
Wie sehr solche Überlegungen, Sensibilisierungen und Handlungsanweisungen vonnöten sind, wissen auch die Frauen von Women in Exile: Auf ihrer Webseite kann man bisher eine Impression von einem Heimbesuch in Templin ansehen: https://women-in-exile.net/2015/09/30/heim-visit-in-templin-some-impressions/
Der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e. V. wird sich Anfang November mit seinen Mitgliedsorganisationen treffen und dieses Thema behandeln. Es muss darum gehen, dass die gesamte Gesellschaft ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass geschlechtsspezifische Gewalt unter Geflüchteten ein ernstzunehmendes Problem ist und dass Frauen und ihre Kinder sowie lesbische, bi- und Transgender-Frauen besonders zu schützen sind.
Astrid Priebs-Tröger mit den Sprecherinnen des FPR