25 Jahre – und der Schirm hält!
Von der Filmdramaturgie zu Frauenthemen ist es (k)ein weiter Schritt. Heiderose Gerber ist eine der Gründungsfrauen des Potsdamer Frauenzentrums von 1990. Starke Frauen- geschichte(n) kannte sie bereits aus ihrer Tätigkeit als Dramaturgie-Assistentin bei der DEFA.
Als alleinerziehende Mutter spürte sie zudem die Lücke, die zwischen der offiziellen DDR-Politik und ihrem Alltags(er)leben klaffte. Auch beruflich fühlte sie sich ausgebremst – in ihrem Bereich kamen junge Menschen nicht zum Zuge.
Ein Leben im Wartestand konnte sich die heute 57-Jährige nicht vorstellen. Und da sie sich für Frauenthemen interessierte, damalige DFD-Kurse für junge Mütter aber ‚abschreckend‘ fand, setzte sich die Idee in ihr fest, etwas Neues für Frauen auf die Beine zu stellen.
Im November 1989 las sie an einem Baum den Aufruf für ein Frauentreffen, das Frauen- interessen formulieren und vertreten wollte. 100 Frauen versammelten sich und gründeten sofort mehrere Arbeitsgruppen. Elfie Wiedemann, Dörthe Wernick, Brigitte Kirsten, Christine Vierke und Beate Müller waren unter ihnen.
Auch eine Arbeitsgruppe ‚Frauenzentrum‘ entstand. Ein Ort zum Treffen und Austauschen sollte entstehen; die Frauen wollten sich einmischen und politisch positionieren. Aber es ging auch von Anfang an um Kultur, sagt Heiderose Gerber im Interview. So etwas wie das heutige Angebot von „PrimaDonna“ schwebte ihnen damals schon vor.
Dann ging alles Schlag auf Schlag. 1990 im Mai, kurz vor den Kommunalwahlen, erstritten sie das Haus in der damaligen Leninallee, der heutigen Zeppelinstraße. Und begannen euphorisch, ihre Idee vom Frauen(kultur-)zentrum umzusetzen.
Im Laufe des Jahres 1990 meldeten sich jedoch immer mehr Frauen bei der Potsdamer Stadtverwaltung, die nicht wussten, wo sie hin sollten, um der Gewalt ihrer Ehemänner oder Lebenspartner zu entgehen. Die Stadt bat die Frauenaktivistinnen, sich dieses bisher tabuisierten Themas anzunehmen.
„Eine Anlaufstelle für Frauen in Not zu schaffen“, stand schon im Urkonzept, sagt Heide Gerber, aber eigentlich nur als Notunterkunft, denn es war klar, dass dieses Haus anonym sein müsste. Basierend auf der Idee des Gebens und Nehmens entschied damals die Mehrheit, dass diese Aufgabe übernommen werden sollte. Es dauerte zwanzig Jahre, bis sie ein weiteres Haus bekamen, in dem ein anonymes Frauenhaus entstehen konnte.
Heide Gerber selbst sah sich nicht vordringlich als Sozialarbeiterin, sondern arbeitete weiter ehrenamtlich im Vorstand mit. Doch die beteiligten Gruppen, ABM-Kräfte und Prozesse zu moderieren, ging weit über die Zeit, die sie zur Verfügung stellen konnte, hinaus.
Nachdem sie bei der DEFA entlassen wurde, nahm sie eine ABM-Stelle beim Frauenzentrum als Projektkoordinatorin an. So feiert sie wie schon Kathrin Aechtner bald ihr 25-jähriges Dienstjubiläum.
„Eigentlich kamen immer mehr Themen auf uns zu“, sagt sie, nach Meilensteinen der Entwicklung befragt. 1994 begannen sie mit der Mädchenarbeit, denn sehr junge Frauen forderten eigene Räume, und sie verstanden sich als Basis für viele andere engagierte Frauen. Heide Gerber schwärmt noch heute von diesen jungen Frauen.
Das Frauenzentrum bot auch lange ein Dach für die Lesbenarbeit. Oder den Notruf für Frauen bis 2001 – irgendwann gab es kein Geld mehr dafür. „Der Schirm war aufgespannt. Von Anfang an.“
Der Kampf um den Paragrafen 218 markierte in ihren Augen einen Bruch in der ostdeutschen Frauenbewegung, denn es wurde klar, dass viele Errungenschaften nicht übernommen werden, was Enttäuschungen und Frustrationen auslöste.
Andere Frauen engagierten sich weiter zu Themen wie Kindergartenbetreuung oder Finanzierung von Fraueninfrastruktur. Nach dem FrauenStreiktag 1995 nahm das breite öffentliche Engagement deutlich ab, nicht zuletzt, weil sich Viele beruflich neu orientieren mussten.
Die (soziale) Durchmischung im Frauenzentrum fand Heide Gerber immer wichtig, denn die interkulturelle Arbeit gehörte von Anfang an dazu. Mitte der 90er Jahre bekamen sie eine vietnamesische Kollegin ins Team, die bis heute in der (interkulturellen) Mädchenarbeit tätig ist. Gerade formiert sich eine neue Gruppe spanischsprachiger Frauen, die sich für Frauenrechte einsetzen wollen.
Befragt nach ihrer Vision, sagt sie, dass sie zurück zu den Wurzeln und wieder politischer werden will. Sie sieht junge Frauen, die sich einsetzen – aber diese brauchen viele Mitstreiterinnen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Junge Frauen zu fördern, hat sie sich für ihre noch kommenden Arbeitsjahre vorgenommen Denn: Der große Schirm ist sturmerprobt und bleibt aufgespannt!
Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Simone Ahrend, sah-photo