25.11. – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Mehr als nur ein Tag
Das polizeiliche Lagebild Brandenburgs des Jahres 2016 zeigt eine klare Steigerung von Übergriffen auf Menschen. Besonders oft sind Frauen Opfer dieser Gewalttaten: fast drei Viertel aller Betroffenen sind Frauen und Mädchen. Dies trifft sowohl auf Menschen, die einen deutschen Pass besitzen, als auch auf Menschen anderen Aufenthaltsstatus und Asylbewerberinnen zu. Umso wichtiger ist, dieser erschreckenden Entwicklung entgegenzutreten und Betroffenen von Gewalt und sexueller Belästigung nicht mehr an den Rand der Gesellschaft zu drängen. Leider ist Gewalt für viele Frauen eine – teilweise lebenslange – Realität. Eine Spirale, aus der sie nicht immer von alleine herauskommen.
Am 25. November ist der jährliche internationale Tag gegen Gewalt an Frauen, wo einerseits auf die Missstände hingewiesen werden soll und andererseits auch Solidarität mit den Betroffenen zum Ausdruck gebracht werden soll. Die Nöte sind dabei keineswegs individuell, sondern struktureller Natur. Wir dürfen nicht glauben, dass Gewalt nur in „bestimmten Milieus“ existiert oder immer nur die Anderen betrifft. Spätestens die Debatte um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein hat gezeigt, dass patriarchale Machtstrukturen in jeder gesellschaftlichen Schicht existieren und von einigen auch missbraucht werden. Wollen wir etwas nachhaltig ändern, reicht es also nicht uns mit der Schaffung von Beratungs- und Notfallstellen zufrieden zu geben – sondern wir müssen eben auch die verantwortlichen Strukturen benennen und verändern. Das beginnt bei der Arbeit im Kleinen, bei der Aufgabenteilung zu Hause, geht über die Frage der Darstellung von Frauen in der Öffentlichkeit, ihrer Entlohnung und reicht bis in die obersten politischen Ämter, in denen Frauen wieder weniger repräsentiert werden. Die Darstellung von Frauen, wie sie wahrgenommen und wie sie beispielsweise durch den Lohn wertgeschätzt werden, repräsentiert auch die Stellung in der Gesellschaft und nicht zuletzt auch mit welchen Rollenbildern die nächsten Generationen aufwachsen.
Wenn wir also am 25. November wieder gegen Gewalt an Frauen auf die Straße gehen, über die Probleme schreiben, Veranstaltungen durchführen und Fahnen hissen, so wollen wir nicht nur bessere Ausfinanzierung aller Frauenhäuser, Beratungszentren, Sensibilisierung von Polizeibeamten, bessere rechtliche Grundlagen und vieles mehr. Sondern wir wollen auch, dass jede*r die eigene Rolle reflektiert und nicht bei diesem Tag und netten Bildern stehen bleibt. Die Realität ist nicht nett.
In Brandenburg wurde jede 7. Frau bereits Opfer von Gewalt. Im letzten Jahr wurden in Brandenburg 64 Fälle von sexueller Nötigung und Missbrauch angezeigt. Wir wissen, dass dies nur ein Bruchteil ist. Die wenigsten Frauen stellen eine Anzeige, zu gering ist die Chance einer Verurteilung, der Scham hingegen zu groß. Dagegen wollen wir angehen:
Der Frauenpolitische Rat Brandenburg, die Opferhilfe Land Brandenburg e.V., die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Landes Brandenburg, das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser, sowie der Landesverband der Bäckereien und Konditoreien Berlin-Brandenburg e.V. hat daher eine gemeinsame Aktionswoche ins Leben gerufen, in der vom 20. – 26. November Brottüten im ganzen Land Brandenburg bei etwa 250 Bäckereien verteilt werden sollen. Die Tüten weisen auf Beratungs- und Hilfsangebote nach einer Vergewaltigung hin, wie beispielsweise die anonyme Spurensicherung die in vier Klinken im Land angeboten wird. Die Brottütenaktion, wie auch die Spurensicherung, wird gefördert durch das Land Brandenburg.
Dies ist ein wichtiger erster Schritt um die, die bereits Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen geworden sind zu unterstützen. Es soll aber auch zum Nachdenken anregen – über den eigenen Frühstückstisch hinaus.
Quelle: Lagebericht der Brandenburgischen Polizei 2016.
Text: Claudia Sprengel
Bild: Frauenpolitischer Rat Land Brandenburg e.V.